Fast jede*r kennt das Gefühl, vor einer Situation mit Bewährungscharakter unter einem besonders unangenehmen Druck zu stehen oder sogar Panik zu verspüren. Soziale Zurückweisung oder Blamagen sind Horrorszenarien, die schwer aus dem Kopf zu bekommen sind.
Genau genommen fürchten sich in Deutschland fast 80% der Menschen, beim Reden vor Publikum zu versagen[1]. Auftrittskünstler*innen mit jahrelanger Berufserfahrung berichten ebenfalls von Lampenfieber vor ihren Auftritten.
Prüfungsangst ist besonders unter Schüler*innen weit verbreitet, 56,1 % der Schüler*innen in Deutschland geben an vor Prüfungen nervös zu sein. Die Angst spiegelt einen Konflikt zwischen der Hoffnung auf einen privilegierten Status und der Befürchtung vor einer persönlichen Untauglichkeit wider[2]. Mit Lampenfieber und Prüfungsangst gehen unangenehme Angstsymptome einher. Charakteristisch sind eine trockene Kehle, schweißnasse Hände, Herzklopfen, ein flauer Magen und das Gefühl ständig zur Toilette zu müssen. Hitzewallungen, Konzentrationsstörungen und weitere vielfältige Symptome können ebenfalls einzeln oder sogar gemeinsam auftreten. Sie entstehen dadurch, dass das Gehirn eine Situation als gefährlich erkennt und eine Adrenalinausschüttung veranlasst. Das Adrenalin versetzt den Körper in Höchstform und löst die genannten Symptome aus[3][4][5][6].
Verschiedene Faktoren können das Auftreten dieser Bewertungsängste begünstigen. Dazu zählen negativen Erfahrungen, die durch strenge Reaktionen der Eltern auf schlechte Schulnoten gegeben sein könnten[7].
Doch was kann man gegen Lampenfieber und Prüfungsangst tun? Lassen sich die Symptome abmildern?
Viele der Strategien, die sich gegen Prüfungsangst anwenden lassen, sind angepasst auch gegen Lampenfieber wirksam[8].
Hilfreich kann es sein, die Bewertungssituation als eine positive Herausforderung anzunehmen. Außerdem sollte sich der/die Betroffene die Angst in ihren Komponenten: Emotion, Kognition und Verhalten bewusstmachen. Ihre Analyse kann beim Entwickeln von Strategien gegen die Angst hilfreich sein. Hat der/die Betroffene unter starken physischen Symptomen zu leiden, bieten sich besonders Entspannungsmethoden an. Das Bewusstmachen einzelner Muskelgruppen und eine entspannte Atmung können hierbei hilfreich sein und durch Autosuggestionen verstärkt werden. Atemübungen werden dabei häufig angewendet. Empfohlen wird eine tiefe Bauchatmung, um der flachen Atmung, die der Körper während stressigen Situationen ausübt entgegenwirken zu können[9]. Hier kann beispielsweise die 4-7-11 Methode genannt werden. Sie gibt vor vier Sekunden lang einzuatmen, sieben Sekunden lang auszuatmen und die Methode zumindest elf Minuten lang zu wiederholen.
Eine andere einfache Methode ist langsames Trinken in großen Schlucken. Das vegetative Nervensystem wird dadurch beansprucht und die Antriebskraft geschwächt wodurch der Körper sich eher beruhigen kann[10].
Das Vorstellen von angstmachenden Situationen in einer Steigerung, kann als Übung dem/der Betroffenen helfen, sich zu desensibilisieren. Ebenfalls hilfreich können das Bewusstmachen der eigenen Stärken und die größtmögliche Kontrolle über die Bewertungssituation sein. Kontrolle kann beispielsweise dadurch erlangt werden, dass der/die Betroffene sich bestmöglich über die Prüfungs-oder Auftrittssituation informiert. Weitere einfache Möglichkeiten der Angst entgegenzuwirken kann je nach Persönlichkeit, auch lautes Schimpfen, Aufschreiben der Stressgründe oder Kommunikation sein[11][12].
Erfahrungsgemäß hat sich gezeigt, dass auch Kälteimpulse eine positive Auswirkung auf Stresssymptome haben können. Durch das bewusste Wahrnehmen der Temperatur kann der Körper intensiv gespürt werden. Dies kann zur Konzentration auf den eigenen Körper beitragen.
[1] https://www.morgenpost.de/printarchiv/leute/article102554653/Entertainer-leidet-unter-heftigem-Lampenfieber.html 2008 „Entertainer leidet unter heftigem Lampenfieber“, S.32
[2] Sereinig, 2012, S.52
[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/606579/umfrage/schueler-mit-pruefungsangst-in-europaeischen-laendern/
[4] Pohl, 2014, S.31
[5] Metzig, Schuster, 2018, S.10f
[6] Horger-Thies, 2011, S.143
[7] Metzig, Schuster, 2018, S.24-28
[8] Metzig, Schuster, 2018, S.3
[9] Metzig, Schuster, 2018, S.47, 49-51
[10]Horger-Thies 2011, S.146
[11] Metzig, Schuster, 2018, S.60, 83, 106
[12] Horger-Thies, 2011, S.146